Die Wasserpumpstation im Hünninger Venn

Abgelegt in Schülertexte

Geschrieben am 30.01.2012

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Dieser Beitrag wurde verfasst im Rahmen des Projektes:
Jugend erforscht Geschichte „Wenn Steine reden könnten…“ – Ein Wettbewerb des Geschichtsvereines „Zwischen Venn und Schneifel“ (2003-2004)

1. Beschreibung des Gebäudes

Geht man auf dem kleinen Feldweg hinter der Hubert-Reuland-Str. in St. Vith nach Hünningen trifft man nach ca. 800 Metern auf der rechten Straßenseite auf ein kleines Gebäude. Es hat eine rechteckige Grundform von 12, 3 m Länge und  8, 21m Breite. Auf der östlichen Giebelseite befindet sich ein  kleiner, eingeschossiger Vorbau. Die Firsthöhe des Gebäudes beträgt 7,25 m, die Gesimshöhe  4 m. Auffallend sind die vielen Öffnungen: auf der östlichen Giebelseite befindet sich eine zweiflügelige Eingangstür mit Oberlicht, jetzt aus Metall, aber ursprünglich wohl aus Holz, sowie ein hohes, flachbogiges Fenster. Dieser Flachbogen ist durch senkrecht zum Bogenverlauf stehende Ziegel betont. Wie alle anderen weist es die Maße von 1,20 m Breite und 2,20 m Höhe auf. Ein zweites Fenster wird durch den Vorbau fast vollständig verdeckt. Diese Fenster hatten wohl ursprünglich Fensterläden, worauf  die in die Mauer eingelassenen Verankerungen schließen lassen. Im Giebeldreieck befindet sich ein Rundfenster von 0, 80 m Durchmesser. Auf der nördlichen Seite sind 3 Fenster und eine große, zweiflügelige Tür mit Oberlicht, dessen Glas zerbrochen ist. Auf der westlichen Giebelseite finden wir 3 Fensteröffnungen, wovon die mittlere allerdings zugemauert ist. Auch hier befindet sich im Giebeldreieck ein Rundfenster von 0,80 m Durchmesser. Außerdem befindet sich hier ein Kamin, der bis zur Fensterhöhe aus Betonblocksteinen gemauert ist und sich dann in einem runden Rohr fortsetzt. Wozu dieser Kamin dient, ist nicht ersichtlich. Die Südseite schließlich weist 2 Fenster auf. Wie aus den Plänen ersichtlich ist, hat auf dieser Seite ursprünglich ein 18 m hoher Kamin gestanden. Am Gebäude selbst erkennt man noch die Spuren des Abrisses: Die Ziegelsteine sind hier heller, und in ca. einem Meter Höhe sieht man, dass eine Öffnung zugemauert wurde – das war der Rauchabzug der Öfen. In der Wand erkennt man außerdem einen weiteren Flachbogen. Da er größer ist, als bei den anderen Fenstern, glauben wir nicht, dass hier ein Fenster zugemauert wurde, sondern dass er dazu diente, die Last der Mauer zu verteilen. Bis auf die Fenster der Ostseite sind alle Fenster durch Holzläden zu verschließen. Alle sind durch Eisengitter geschützt.

Man stellt fest, dass die Bauherren damals auch Wert gelegt haben auf eine schöne Ausführung des Baus. Über dem Sockel aus Bruchsteinen, der durch eine Reihe Ziegelsteine abgeschlossen wird, macht die Mauer einen kleinen Rücksprung, darüber folgt ein Band von 5 Reihen Ziegelsteinen und ein neuer Rücksprung der Mauer. Die Ecken des Gebäudes sind ebenfalls durch einen leichten Vorsprung betont. Schließlich läuft entlang der ganzen Dachlinie, auch unter den Giebeln, ein Fries aus hervorspringenden Ziegeln. Dadurch werden die Formen des Gebäudes betont und gleichzeitig die großen Flächen belebt. Das Hauptgebäude hat ein Satteldach und ist mit Schiefern gedeckt.

Abb. 1: Ausschnitt aus einem Plan aus dem Jahre 1902, der der Genehmigungsurkunde beigefügt war, mit der der Kreisrat in Malmedy die Erweiterung der Anlage um einen Kessel zusagte

Das Gebäude ist innen in 2 Räume eingeteilt. Im ersten Raum, den man durch die Eingangstür betritt, stehen 2 Öfen. Diese befinden sich 0,50 m unterhalb des Eingangsniveaus. Im 2. Raum stand ursprünglich eine große Pumpmaschine, jetzt beherbergt er eine elektrische Pumpe. Die Wände sind glatt verputzt.

Der Anbau, dessen Maße 4, 50 m auf 3, 50 m betragen, hat ein Pultdach, das ebenfalls mit Schiefern gedeckt ist. Die Eingangstür befindet sich in der Nordseite. Sie ist viel niedriger als die beiden Türen im Hauptgebäude. Das Fenster auf der Südseite hat die Maße 0, 90 m  auf 0,90 m und ist mit einer Metallplatte verschlossen. Die Verzierungen wie im Hauptgebäude fehlen hier ganz. Lediglich an den Flachbögen für die Öffnungen hat man festgehalten.

2. Motive des Baus

Wenn man die Bedeutung des Gebäudes richtig erfassen will, muss man zuerst einen Blick auf die allgemeine Wasserversorgung der Stadt St. Vith im Laufe der Jahrhunderte werfen.
Einer alten Stadtrechnung zufolge bestand schon 1664 eine Wasserleitung, die Wasser über ein Rohrsystem aus Eichenhölzern vom so genannten Pfeiffenborn (ein ehemaliges Feuchtgebiet im St.Vither Venn, an der neu angelegten Industriezone in der Rodter Straße) in die Stadt brachte. Der genaue Verlauf vom Rohrsystem bis zum Stadtrand ist nicht bekannt.
1766 ist die Rede von einem Wassergraben, dem „St.Vither Teich“, der vom Hünninger Venn in die Stadt führt. Dort speiste dieses Wasser in der Teichgasse einen Teich für Löschwasser, eine Viehtränke und eine öffentliche Waschanlage. 1865 wurde aus der so genannten Quelle Welsch Wasser in einen Sammler und von dort durch eine zum Teil unterirdisch verlaufende Leitung in die Stadt geleitet. Der Großteil der Einwohner aber bezog wohl nach wie vor sein Wasser aus hauseigenen oder öffentlichen Brunnen.
Ein richtiger Trinkwasserschutz war natürlich unter diesen Umständen unmöglich.  Das führte, wie übrigens  in der ganzen Eifel, immer wieder zu Krankheiten. Um dem entgegenzuwirken, aber auch, weil die Wasserversorgung der Stadt immer wieder Probleme aufwarf, wurde auf Betreiben von Bürgermeister Ennen und Gerberei- und Waldbesitzer A. Buschmann 1896  ein zentrales Wasserversorgungsnetz für die Stadt in Betrieb genommen. Das Wasser wurde nach wie vor im Hünninger Venn gesammelt, aber dann von einer Pumpstation in einen Sammelbehälter, einen so genannten Hochbehälter, in Hünningen befördert und von dort durch Eigendruck in die einzelnen Häuser verteilt.

3. Die Funktion des Gebäudes

Da Wasser nur abwärts fließt, muss man es zu einem Punkt bringen, der höher als die zu versorgenden Haushalte liegt. Die Pumpstation in St.Vith dient dazu, das im Feucht- und Quellgebiet „Hünninger Venn“ gesammelte Wasser in den Hochbehälter in Hünningen zu pumpen. Dieser Pumpvorgang überwindet von St. Vith nach Hünningen +/- 48 Höhenmeter. Von dort gelangt das Wasser durch Eigendruck in die Wasserleitungen der Stadt.
Um das Wasser zu diesem Punkt zu pumpen hat man 1896 eine dampfgetriebene Pumpe eingesetzt. Geliefert wurde die Anlage durch die Firma G. Kuhn aus Stuttgart. Sie hatte eine Leistung von 20 m3/Stunde bei 48 m Förderhöhe. Als Energielieferant diente Kohle, vielleicht auch Koks, der  in den Gaswerken von St.Vith anfiel. Hierzu haben wir aber keine weiterführenden Erklärungen gefunden. Da die Gaswerke in St.Vith aber erst 1911 in Betrieb genommen wurden, ist davon auszugehen, dass wahrscheinlich von Beginn an mit Kohle geheizt wurde.  Wir wollen ganz kurz beschreiben, wie eine Dampfmaschine funktioniert: Die Hitze, die beim Verbrennen der Kohle anfällt, dient dazu, Wasser bis zur Verdampfung zu erhitzen. Der Wasserdampf schiebt dann einen Kolben in einem Zylinder hin und her. Dadurch wird das Wasser abwechselnd angesaugt und weggedrückt.

Abb.2 : Ausschnitt aus dem Anlageplan zum Pumpwerk für die Gemeinde St.Vith aus dem Jahre 1896. Er zeigt die Verbindung zwischen dem Dampfkessel und der eigentlichen Pumpe.

Ein einzelner Dampfkessel konnte aber der Nachfrage der Einwohner nach Wasser nicht gerecht werden. Aus diesem Grund wurde in  den Plänen von vorne herein Platz für eine zweite Anlage vorgesehen, die im Jahre 1902 installiert wurde. Das Betreiben der Dampfanlage war sehr aufwendig: Eine Person war damit beschäftigt, die Anlage zu befeuern und den geregelten Ablauf der Dampfmaschine zu überwachen.

Diese Technik konnte aber der Modernisierung nicht standhalten und wurde nach einem Stadtratsbeschluss von 1954 durch den vorteilhafteren elektrischen Strom ersetzt  Der größte  Vorteil der elektrischen Pumpe war, dass man nicht mehr, wie es bei der ausgedienten Dampfmaschine von Nöten war, eine Person zur ständigen Speisung und Überwachung der Dampfkessel einstellen musste. Dadurch konnte der Preis für das Wasser von damals 3 Franken auf 0,5 bis 1 Franken gesenkt werden. Die Pumpe wurde von der Firma Feltes aus St. Vith geliefert. Sie fördert bis zum heutigen Tag 20m3/Stunde zum Hochwasserpunkt nach Hünningen. Bei der Anschaffung der elektrischen Pumpe im Jahre 1954 lagen Anschaffungskosten von 36 000 belgischen Franken vor.

4. Der Wandel von Gebäude und Funktion

Im Laufe der Jahre sind am Gebäude einige Veränderungen vorgenommen worden:
Die erste wesentliche Veränderung war der Anbau eines Kohlelagers, das auf den ursprünglichen Plänen nicht vorgesehen war. Wir haben nicht herausgefunden, wann das war.
Im 2. Weltkrieg ist die Pumpstation leicht beschädigt worden. Aber vor allem wurden die Quellfassungen und das Dach des Sammlers sowie der Hochbehälter und das Leitungssystem in Mitleidenschaft gezogen.
Im Jahre 1954 beschloss der Stadtrat eine neue elektrische Pumpe einzubauen. Die eigentliche Pumpe wurde wohl wenig später verschrottet, und von der ehemaligen Anlage stehen jetzt nur noch die beiden Öfen, die aber auch vollkommen eingerostet sind.
Am 9 November 1967 wurde der Schornstein, der seit der Installation der elektrischen Pumpe außer Betrieb war, gesprengt.

5. Die Bedeutung der Pumpstation heute

Das Pumpwerk pumpt noch immer Wasser für einen Teil der Stadt St.Vith. Der größte Teil des St.Vither Wassers kommt aber mittlerweile aus dem Rodter Venn. Im Jahre 2000 hat die Gemeinde beschlossen, dass das Wasser für die gesamte Gemeinde aus diesem neu erschlossenen Gebiet kommen soll. Hier ist es nämlich viel einfacher, für den Schutz des Trinkwassers zu sorgen. Hierzu wird ein richtiges Quellschutzgebiet angelegt und ein Hochbehälter und eine Wasseraufbereitungsanlage gebaut werden. Der Hochbehälter soll 2006 in Betrieb genommen werden. Dann wird die Pumpstation im Hünniger Venn aller Voraussicht nach außer Betrieb genommen werden.

Wenn die elektrische Pumpe aufhört zu arbeiten, dann könnte man hier durchaus ein Museum einrichten, um die Geschichte der Wasserversorgung in St. Vith zu erklären, aber auch um das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie wertvoll  Wasser ist. Es wäre aber auch interessant, die noch vorhandenen Öfen zu erhalten, um an die technische Entwicklung zu erinnern.

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Beitrag der Schüler des 2. Jahres  Bischöfliche Schule St. Vith, im Ergänzungswahlfach „Heimatgeschichte“:
Sebastian Bach, Markus Krings, Gabriel Krings, David Cremer, Laurent Mehlen, Jérôme Theis, Ingmar Weber, Daniel Benjeaa, Michael Stoffels, Dirk Theissen, Yannick Michels, Dennis Burkhardt und Cédric Mertens , Fachlehrerin: Dorothea Schwall-Peters:

Quellen:

  • „Stadtratssitzung in St. Vith“ in Grenz-Echo  Dezember 1954
  • Dries, J. ; Jacobs, H.-G., Langer, W.: Eine kleine Stadt vor der „großen Katastrophe“. Aktuell Verlag, St. Vith, 1982
  • Handschriftlicher Bericht vom 23. Mai 1949 von Betriebleiter Lutz über die Wasserleitung aus Peiffenborn. Archiv der Stadtwerke St. Vith
  • Beschreibung der Dampfkesselanlage für das Wasserwerk St. Vith i./ Eifel. 13. Juni 1896. Archiv der Stadtwerke
  • Beschluss des Gemeinderates vom 14. Mai 1946 über die Wiederherstellung der Betriebsbauten und Betriebsanlagen der Stadtwerke St. Vith. Auszug aus dem Protokollbuch des Gemeinderates
  • Fagnoul, Kurt: St. Vith in alten Zeiten. HELIOS-Verlag, St. Vith, 2002
  • „Bald genug Wasser in St. Vith“ in Grenz-Echo, 9. November 1967
  • Anlageplan zum Pumpwerk für die Gemeinde St. Vith. 1896. Archiv der Stadtwerke
  • Wasserwerk St. Vith – Gebäudeplan. 1902. Archiv der Stadtwerke.

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