ZVS-Wanderung von Wirtzfeld zum Wintgensknipp und zum Truppenübungsplatz

Abgelegt in Allgemein

Geschrieben am 24.09.2011

Von der Eifelgotik, einer Wallanlage und Soldaten

Das Dreitälerdorf Wirtzfeld liegt am Zusammenfluss von Wirtzbach, Hendesbach und Holzwache. Der Ortsname soll sich laut B. Brück von dem althochdeutschen Begriff warid ableiten und soviel bedeuten wie erhöhtes Gelände, von Wasser umgeben. Die Gründung des Ortes kann laut Sprachenforscher ins 12. Jhd. angesiedelt werden, als Rodungssiedler den hier befindlichen Wald im Königshofe Büllingen in Felder verwandelten. Eine erste schriftliche Spur zu Wirtzfeld aus dem Jahre 1480 erwähnt einen Claes von Wirtzfeld, der in Aachen Zins zu zahlen hatte. Das Feuerstättenverzeichnis des Jahres 1501 zählt schon 17 Haushalte auf, was drauf hinweist, dass der Ursprung der Ortschaft wohl weit in in die Vergangenheit anzusiedeln ist. Für diese Vermutung spricht das Vorhandensein eines wallähnlichen Gebildes am Wintgensknipp an einer Nebenstraße zur alten Römerstraße Reims-Köln gelegen, oder aber noch die Funde auf der Roderhöhe (Pflaster, Gefäße), dem möglicherweise ersten Standort Wirtzfelds.
Einer Eintragung in einem alten Lagerbuch zufolge soll die Wirtzfelder Kirche i.J. 1601 an der Stelle einer alten Waldkapelle errichtet worden sein, doch sprechen die Formen, die denen der Büllinger Kirche und anderer spätgotischen Kirchen der Gegend gleichen, für einen Bau des 15. oder 16. Jahrhunderts. Auch die stattliche Einwohnerzahl des Ortes zu Beginn des 16. Jh. lässt schon zu der Zeit eine größere Kapelle vermuten. Der Turm dürfte indes älteren Datums sein, da er mit dem spätgotischen Langhaus nicht verbunden ist. Die Ausstattung ist größtenteils dem 18. Jh. zuzuordnen. Die wertvolle Figur der Anna Selbdritt, eine Arbeit des 15. Jh., wurde im Januar 2000 gestohlen. Die Wirtzfelder Kirche, die der hl. Anna geweiht ist, war bis zum Jahre 1813 eine Nebenkirche der eigentlichen Pfarrkirche in Büllingen. Seit 1834 ist die Pfarre Wirtzfeld selbständig.
Von 1929 bis 1932 bauten vorwiegend italienische Arbeiter im Tal zwischen Bütgenbach und Berg die Staumauer für die heutige 125 ha große und fast 12 Mio. m³ Wasser fassende Talsperre, die das Wasser der Warche und der Holzwarche aus einem 72 km² großen Gebiet herleitet. Der See wurde ursprünglich als Staubecken für die Robertviller Talsperre angelegt. Diese Funktion erfüllt der See auch heute noch, doch nutzt die Tourismusindustrie ihn in den letzten Jahrzehnten zudem als Anziehungspunkt besonders in den Sommermonaten.
Westlich von Wirtzfeld, wo Warche und Holzwarche in der Talsperre zusammenfließen, liegt die Gemarkung Wintgensknepp (von knepp: Anhöhe und wend: Wasser), teils auf Bütgenbacher, teils auf Wirtzfelder Gebiet. Der preußische Schulinspektor Quirin Esser beschreibt 1883 hier eine Wallanlage in Form eines unregelmäßigen Vierecks. Die nördliche Seite beträgt etwa 100 m, die südliche ist im Laufe der Zeit auf 35 m abgetragen worden. Vor dem 1. Weltkrieg nahmen B. Willems und ein Studienkollege hier einige Probegrabungen vor und legten dabei Mauerreste frei. Auch fanden sie einige Scherben und einen 15 cm langen Schlüssel, dessen Herkunft zeitlich nicht bestimmt werden konnte. Die gesamte Anlage dürfte sich etwa auf 1 Ha erstreckt haben und im Mittelalter noch als Siedlungsplatz bestanden haben.
Als andere Siedlungsstelle nennt B. Brück die Flur Roderhöhe (Roderhöv: zerfallene Höfe). Beim Kühehüten habe er und sein „Kollege“ Johann Schunen hier Scherben gefunden, die sie achtlos weggeworfen hätten. In der Ardennenoffensive und in jüngster Zeit hat die Roderhöhe für Schlagzeilen gesorgt: Im Zuge der Ardennenoffensive versuchten deutsche Einheiten vergeblich die Anhöhe vor Elsenborn einzunehmen. Auf beiden Seiten waren schwere Verluste zu verzeichnen; der Wirtzbach sei rot vom Blut der gefallenen Soldaten gewesen. Im Jahre 2001 entbrannte ein Streit um den Standort der Windkrafträder, die hier von Electrabel betrieben werden. Der Generalstab war gegen diesen Standort, da er offenbar die Einflugschneide der Flugzeuge beeinträchtigte. Den Höhepunkt dieses Streits zwischen ziviler und militärischer Nutzung war die Ankündigung des Verteidigungsministers Flahaut, den Truppenübungsplatz zu schließen, sollte man keinen anderen Standort finden können. Für viel Wind sorgte auch eine Internet-Umfrage des Weywertzer Pfarres Klinges, die vom damaligen Lagerkomamndanten Serré boykotiert wurde.
Der Truppenübungsplatz, den wir streifen, wurde 1894 von den preußischen Militärs angelegt. Ursprünglich sollte sogar das Dorf Elsenborn dem Platz weichen, doch dann begnügte man sich mit den ausgedehnten Heideflächen zwischen Elsenborn, Rocherath und Kalterherberg, die den Elsenbornern als Weideflächen dienten. Selbst wenn die Bewohner der umliegenden Dörfer anfangs nicht sonderlich für den Manöverplatz gewesen sein mögen, so hat der „Platz“ dennoch für wirtschaftlichen Aufschwung in der Gegend gesorgt.

(K.D. KLAUSER, nach Beiträgen der ZVS-Monatshefte und anderer Quellen)

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