Wanderung zwischen Schoppen und Stefanshof

Abgelegt in Allgemein, Geschichtliche Themen

Geschrieben am 24.09.2011

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Von einer alten Poststation und dem kleinsten Friedhof des Gebietes

Der alte Hof von Amel umfasste das ganze Flussbecken der Amel und reichte im Osten noch bis in das Becken der Our (Wallerode, Atzerath, Heuem, Herresbach). Bewaldete Höhen begrenzten das Hofgebiet auf allen Seiten: im Westen der Wolfsbusch und seine südlichen Ausläufer, der Borner und der Emmelser Wald, im Norden die Wasserscheide zwischen Warche und Amel mit dem Rohrbusch, dem Bambusch, der Bütgenbacher Heck, der Morsheck, dem Richelsbusch, usw.. Im Osten ist das ausgedehnte Ommerscheider Waldgebiet zu nennen und nach Süden hin öffnet sich zum Teil die Waldzone und aus dieser Richtung führen auch die großen Verkehrslinien (Römerstraße, Eisenbahn, heutige Landstraße) über die Wasserscheide Rhein-Maas, doch gibt es auch hier immer noch einzelne Waldgebiete wie Deidenberger Hardt oder die Eidt. Viele Dörfer, Weiler oder Einzelsiedlungen liegen noch heute innerhalb oder am Rande dieses Waldgürtels, wie Schoppen und Möderscheid, beides Siedlungen, die wohl im Zuge der Erschließung des hiesigen Gebiets durch die Mönche der um 650 erbauten Abtei Stavelot-Malmedy im nordwestlichen Teil des Hofgebietes gegründet wurden, wobei die Nähe der Römerstraße wohl bestimmend gewesen sein dürfte. Schoppen, wie Nidrum und Heuem oder die untergegangenen Siedlungen Bercheim (im Ommerscheider Wald) und Huntheim (bei Meyerode) ehemalige „-heim“-Siedlungen (Scoppehem, 1311, ) ist laut Endungstheorie in der ersten Siedlungsperisode im 7. oder 8. Jahrhundert in einer Lichtung des großen Ardennerwaldes entstanden. Fränkische Siedler, aus dem Westen kommend, verdrängten bzw. vermischten sich mit der einheimischen Bevölkerung und gründeten neue Siedlungen. Die Ortsendungen -ingen, -heim oder -ler/lar deuten dieser Theorie zufolge an, dass diese Orte in der ersten Zeit der fränkischen Besiedlung entstanden sind.
Weitere schriftliche Zeugnisse über Schoppen finden sich erst in Urkunden des des 15. Jh., in der z.B. ein Peter von Schoppen erwähnt wird, der vom Nassauer Grafen Johann II. ein Lehen in Bütgenbach und Berg erhält (1461) oder laut der verschiedene Personen von Grafen von Vianden in Schoppen ein Lehngut erhalten (van Thoen,1476; von der Forst, 1483 oder von Rolshausen, 1491).
Eine erste Kapelle ist in Schoppen seit dem Jahre 1670 bekannt. Die Kapelle, die etwas seitlich versetzt hinter der heutigen Kirche stand, wurde erst im Jahr 1712 der hl. Anna und dem hl. Mathias geweiht. Bei einer Restauration i.J. 1896 wurde der Altarraum renoviert und die Südmauer wegen des Anbaus einer Sakristei erneuert. Die alte Kapelle, die nach 1952 (Einweihung der heutigen Kapelle) abgerissen wurde, war ein einfacher Bruchsteinbau mit großen Eckquadern und einem Türmchen auf dem Giebel; der Eingang befand sich in der Westmauer. Neben dem Eingang der heutigen Kirche findet sich noch ein Grundstein der alten Kapelle, die die verschiedenen Daten des Schoppener Kirchenbaus aufzeigt: IWM 1670, P(eter) K(remer) 1896 1951. (Bild: ZVS, 1976, S.46). Pläne zu einem Neubau gab es aufgrund baulicher Mängel und Platzmangel bereits 1936. Wegen Differenzen mit der Gemeinde Heppenbach ruht das Projekt während des 2. Weltkriegs und wird erst 1947 wieder aufgegriffen und 1951 mit dem Bau begonnen. An der Stelle der alten Kapelle wurde ein Altar für die Opfer der beiden Weltkriege errichtet. Die Leichenhalle an der Ostseite stammt aus dem Jahr 1985. In der Kapelle finden sich heute noch einige Holzfiguren, die bereits den Vorgängerbau geziert haben, so die Staute des hl. Mathias und die des hl. Rochus, des dritten Schutzpatrons.
Aus der Zeit des ersten Kapellenbaus stammt auch die Vikarie in Schoppen. Diese besteht aus Wohnhaus mit Stallung, denn die Vikare, die als Hilfsgeistliche den ersten Schulunterricht in unseren Dörfern erteilten, mussten sich ihr niedriges Gehalt, das oft durch Stiftungen garantiert wurde, mit einer kleinen Landwirtschaft aufbessern. Zwischen 1760 und 1816 sind Schulvikare in Schoppen bekannt; danach findet sich der durch den preußischen Staat organisierte Unterricht, der noch bis 1883 in der zum Schulhaus umgebauten Vikarie stattfindet. An ihrer Stelle wird in dem Jahr ein neues Schulgebäude mit Lehrerwohnung errichtet, die im wesentlichen bis heute erhalten ist. Der Kindergartenbau stammt aus dem Jahr 1972.
Schoppen war seit altersher der Pfarre Amel unterstellt, die ihrerseits den Malmedyer Mönchen gegenüber zehnpflichtig war (Inkorporationsurkunde vom 14.10.1319). Erst seit dem Bau der ersten Kapelle haben hier die ersten Priester (Vikare) gewirkt. Aufgrund von Priestermangel sind diese Stellen nicht immer besetzt gewesen und wurden von Ameler Vikaren versehen. Dies führte im 19. Jh. dazu, dass sich die Schoppener auch zum näher gelegenen Faymonville (damals Pfarre Bütgenbach) orientierten. Im Jahre 1923 wurde Schoppen-Möderscheid zu einem selbständigen Kirchenbezirk erhoben und zehn Jahre später bildeten die beiden Dörfer ein Rektorat, das noch bis 1970 durch den heutigen Dechanten, den Ameler Pfarrer Albert Backes, besetzt war. Beide Dörfer arbeiteten schon immer eng zusammen; gemeinsame Vikare (ab 1816), der gemeinsame Friedhof (1931) oder das Pfarrhaus (1938) sind dafür Belege aus der jüngeren Zeit.
Etwas unterhalb der Kirche befindet sich ein denkmalgeschütztes Haus aus dem Jahre 1766, das Haus „Jrieten“, das Paul Margraff als „einen der wertvollsten und wohl auch schönsten Höfe Ostbelgiens“ bezeichnete. Seit dem Tod des letzten Bewohners, Joh.Pet. Georges, i.J. 1989 verfällt das Haus zusehends, obwohl es in massiver Bauweise errichtet wurde und typische Stilelemente der damaligen Zeit aufweist: Bruchsteinmauerwerk, abgewalmtes Satteldach mit Cherbain-Deckung, Eckquader in Zahnschnittfolge angeordnet, zweiachsiger Aufbau mit zwei Geschossen, Fensterrahmen aus Schieferstein, markante Türeinfassung mit dem Erbauungsdatum. An den Wohntrakt schließen sich rechts die niedrigeren Stallungen mit dem typischen Scheunentor an. Das Innere des Hauses ist weitgehend in seiner Ursprünglichkeit erhalten, wenngleich auch hier schon deutliche Schäden festzustellen sind: Kamin in der Küche, Schiefersteinbelag im Erdgeschoss, eine schlichte Treppe, Wandschrank, ein steinerner Wassertrog, die Räucherkammer auf dem Obergeschoss, sowie das kunstvolle Gebälk über den Stallungen. Das Anwesen, was im Laufe der Jahre einige Ausdehnungen erfahren haben dürfte, lässt auf einen relativen Wohlstand seines Erbauers bzw. der folgenden Generationen schließen; die massive Bauweise die mehrgeschossige Anlage und die doch reichhaltige Ausstattung deutet auf wohlhabende Besitzer hin. In der Tat wurde das Haus vermutlich durch einen Mathias Klinck erbaut, der mit Anna Gierten verheiratet war. Dessen Sohn Johann-Heinrich (1747-1812) hat zeitlebens in dem Haus gewohnt und hat Markthändler und Fuhrunternehmer ein einträgliches Geschäft betrieben; er hat das Haus dann vermutlich auch vergrößert und Teile angebaut. J.-H. Klinck war überdies auch Mitglied des Ameler Gemeinderates. Der „Jierten“-Hof war auch Poststation und beherbergte bis zum 1. Weltkrieg einen Krämerladen.
Auf unserem Rundgang werden wir noch andere markante Häuser sehen, die, im Stil der Zeit erbaut, die Wirren der Kriege heil überstanden haben und von den Bewohnern liebevoll unterhalten werden.
Zwischen den Ortschaften Iveldingen, Schoppen, Faymonville und Ondenval dehnt sich der Rohrbusch aus, dem in früherer Zeit eine große Heidefläche anschloss. Aber auch einige Straßenzüge trafen hier aufeinander, so der „grand strée“, der vom Wolfsbusch kommend in Richtung Schoppen verläuft oder die in alter Zeit viel befahrene Straße zwischen Iveldingen und Faymonville, auf der mehrere Überfälle verübt wurden: So wurde 1493 ein Clais von Loux hier oben überfallen und ermordet. Auch ist überliefert, dass Pierre Girckes aus Iveldingen im November 1815 hier überfallen und ausgeraubt wurde. Der Verdacht fiel auf die in der Nähe des Rohrbuschs hausenden Brüder Jean und Louis Livet, die als Bettler und Wilddiebe bekannt waren („le grand d’Rôbrôu“). Nachdem auch im folgenden Jahr wieder Diebstähle in der Gegend begangen wurden, ordnete der Ameler Bürgermeister Doutrelepont an, die Behausungen einzureißen. Ob dies wirklich geschah, ist nicht überliefert.
Der Weiler Stefanshof im Rohrbusch ist die jüngste Siedlung unseres Gebiets, die pfarrrechtlich zu Ondenval/Weismes und zivilrechtlich zur Gemeinde Amel gehört. Die Ländereien, auf denen die Gehöfte später erbaut wurden, wurden um 1820 von Leonard Dethier aus Ondenval vom Herrn von Baring erworben. Dethier war ein wohlhabender Gastwirt und Geschäftsmann. Sein Sohn Nicolas, der mit Anna Maria Grosjean verheiratet war, übernahm den Besitz nach dem Tod des Vaters. Dessen Tochter Marie-Thérèse heiratete den aus Steinbach stammenden Henri Etienne Mathonet (*1849), der seinerseits die Gastwirtschaft sowie die Ländereien im Rohrbusch nach dem Tod des Schwiegervaters erbte. Das Ehepaar Mathonet-Grosjean hatte neun Kinder. Ein Sohn, Etienne, zog in die Einsamkeit des Rohrbuschs und baute sich hier eine Bretterbude und hielt 300 Schafe, die er mit einem Teilhaber, Gilbert Klein aus Ondenval, angeschafft hatte. Für seine Arbeit erhielt er die Hälfte der Wolle und den Schafsdungs, der ihm bei der Urbarmachung des Geländes sehr gelegen kam. Bereits i.J. 1910 starb der Namensgeber der neuen Siedlung, denn er hatte sich offenbar bei seiner Arbeit nicht geschont. Mehrere Personen der Familie Mathonet sind im Laufe der ersten zwanzig Jahre des 20. Jh. von Ondenval nach Stefanshof verzogen. Bei der Heirat der Hortense Mathonet mit Leopold Joseph Crasson setzten die Neuvermählten ein Kreuz an der Wegegabelung nach Ondenval. Die Kinder der Siedlung Stefanshof besuchten die Volksschule Faymonville. Während der Ardennen-Offensive hielt eine deutsche Einheit die Höhe 533 bis in den Januar 1945 besetzt und sicherte daher den Rückzug der Wehrmacht aus dem Ameltal. Seit dieser Zeit stammt auch der kleinste Friedhof unseres Gebietes, auf dem einige Bewohner ihre letzte Ruhe fanden. Der Weiler ist seit den 1950er Jahren an das Stromnetz und seit den 1970er Jahren an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen.

(K.D. KLAUSER, nach Beiträgen der ZVS-Monatshefte und anderer Quellen)

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