ZVS-Wanderung von Thommen nach Oudler

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Geschrieben am 01.10.2011

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Von Römern, Tempelherren und einer Wüstung
Thommen und Umgebung war wohl schon in keltischer Zeit besiedelt. Der Ortsname „tumbas“ / „ad tumbas“ (= bei den Gräbern) lässt jedenfalls auf eine römische bzw. vorrömische Besiedlung schließen und Funde legen diesen Schluss auch nahe: Gräber bei Koller, Tonscherben bei Aldringen, die Hügelgräber am Hochtumsknopf, am Gericht usw.  Auch kann es als gesichert gelten, dass hier in der Nähe die Römerstraße Reims – Köln vorbei kam. Die erste Erwähnung Thommens findet sich in einer Urkunde vom 1. Oktober 814, worin der Frankenkaiser Ludwig der Fromme (Sohn Karls des Großen) eine Schenkung des Königs Sigibert an die Abtei Stavelot-Malmedy bestätigt, Der heutige Kirchenbering lässt die karolingische Pfalz erahnen, die wohl als Vorläufer der heutigen Dorfzentrums gelten muss; eine erste Kapelle (6 – 7. Jh.) war wahrscheinlich ein Holzbau, der sich in der Nähe der königlichen Domäne befunden hat. Nach der Renovierung der Remaklus-Kirche (1995) hat man neue Erkenntnisse zur Baugeschichte gewonnen, wonach diese in mehreren Abschnitten entstanden ist.

Am Reulander Kreuz, einem Prozessionskreuz an der Abzweigung des Weges nach Reuland, kann der Verlauf der einstigen Römerstraße in Augenschein genommen werden. Der hier nach Reuland abzweigende Weg erlangte im Laufe der Zeit mehr Bedeutung als die alte Verbindung, denn die Reulander Herren waren Mitbesitzer des Hofes Thommen, der eine Drei-Herren-Herrschaft war, dessen Gebiet von Hinderhausen bis Alfersteg und von Recht bis Leithum reichte. Diese drei Herren übten die hohe, die mittlere und die niedere Gerichtsbarkeit gemeinsam aus. Das Schöffengericht tagte laut Weistum in Thommen „uf der Landstraß“ oder „unter der Linde“ und verurteilte Missetäter mussten mit einer Hinrichtung am Galgen des Hochgerichts (Flur „Am Gericht“) rechnen.

Laut Pfarrer Michel Bormann, dem Heimatforscher des 19. Jh. hat sich auf einer Anhöhe bei Oudler ein Tempelkloster befunden. Um 1824 seien vom Eigentümer der Parzelle hier Steine ausgegraben worden, wobei auch ein „Doppelestrich und ein Steinpflaster“ gefunden worden sei. 60 Jahre später (1882) berichtet Kreisschulispektor Quirin Esser über das „Tempelskloster“ bei Oudler, dass sich zwischen Engel- und Urresbach (Huscheider Bach) aufgefunden worden sei. Auch in den 1920er Jahren gab es Funde in dem Gelände: der Landwirt Eugen Kirsch entdeckte beim Pflügen eine Erdöffnung, als ein Ochse mit den Hinterbeinen in ein ca. 0,50 m tiefes Loch fiel. Der Begriff „Tempelkloster“, der hier oft genannt wird, deutet auf die Tempelritter oder Tempelherren, eine religiöse Rittergemeinschaft, die in der Zeit der Kreuzzüge (um 1188) entstanden ist und zu Beginn des 14. Jh. (1312) verboten wurde. Im ganzen Gebiet ZVS werden Ruinenstätten mit den Templern in Verbindung gebracht, ohne dass jedoch nur der geringste Nachweis für eine solche Ansiedlung in unserem Landstrich vorliegen würde. Hier haben vermutlich Sagengut, Fantasie und vermischte Überlieferungen zu der Bezeichnung beigetragen.

Der schon erwähnte Pfarrer Bormann nennt eine weitere Siedlung im Bereich von Oudler: „Callert“ (Koller). Er berichtet, dass hier 1834 mehrerer Hügel eingeebnet worden seien und dass man Ziegel, Asche, Mauerwerk und eine eiserne Platte gefunden habe. Dass hier gesiedelt wurde, konnte im März 1996 durch Funde belegt werden: ein Landwirt stieß beim Pflügen eines Feldes auf Siedlungsspuren. Ein Einwohner aus Oudler fand hier Scherben von Irdengeschirr, die nach der Untersuchung durch archäologische Fachleute aus dem 13. bzw. 14. Jh. und aus dem 17. oder 18. Jh. stammen sollen.

Die erste schriftliche Erwähnung des Dorfes Oudler stammt aus dem Jahre 1495, als hier laut Feuerstättenverzeichnis 7 Haushalte gezählt wurden. Der Herr von Reuland hatte hier steuerrechtliche Einnahmen. Die erste Kapelle in Oudler, ein Bruchsteinbau mit westlichem Türmchen, stammte aus dem Jahre 1705. Sie befand sich am Weg nach Reuland und wurde 1923 in ein Wohnhaus umgewandelt. An der Front des Hauses ist heute noch der Jahresstein der Kapelle zu sehen. Der Kölner Erzbischof hatte die Genehmigung zum Bau des Gotteshauses erteilt, das, als Reverenz an die Kölner Stadtpatrone, den Hl. Drei Königen geweiht war. Nachdem der Kgl. Kommissar Baron Baltia 1923 Oudler per Dekret die Zustimmung erteilte, eine eigene Pfarre einzurichten, erhob Bischof Martinus-Hubertus Rutten von Lüttich das bisherige Rektorat Oudler am 4.12.1924 zur Pfarre. Die heutige Kirche, dessen Grundstein 1923 gelegt wurde, wurde nach den Plänen von Architekt Cnyrim aus Malmedy erbaut und konnte schon zwei Jahre später eingeweiht werden.

Das Freichelskreuz am alten Weg nach Espeler erinnert an den Tod von Bertha Freichels aus Oudler, die am 16. Mai 1940 hier auf eine Mine trat. Minengürtel, der Bau von Straßenbarrikaden oder das Sprengen von Bahnbrücken waren Abwehrmaßnahmen der belgischen Militärs, die den deutschen Einmarsch behindern sollten. So war in Oudler die dreibogige Eisenbahnbrücke am Morgen des 10. Mai 1940 in die Luft geflogen. Aber auch diese Maßnahme sollte sich bald als überflüssig erweisen, denn die Deutschen bauten in nur sechs Wochen ein Holzgerüst, über das die Züge rollen konnten. Die heutige Brücke entstand im 1. Kriegsjahr und wurde 1941 fertig gestellt.

(K.D. KLAUSER, nach Beiträgen der ZVS-Monatshefte und anderer Quellen)

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