ZVS - Der Zug kommt

Die St.Vither Bahnmeisterei

(heute ZVS-Heimatmuseum)

Nach 5jähriger Bauzeit wurde am 28. November 1887 das dritte und letzte Teilstück der Vennbahn von Weisemes nach St.Vith eröffnet und ein Jahr später, am 1. Oktober 1888, konnte die Vennbahn durchgehend von Aachen bis Bleialf und weiter bis Prüm und Trier befahren werden. Für St.Vith begann mit der Anbindung an die Eisenbahn ein goldenes Zeitalter. St.Vith wurde zum Eisenbahnknotenpunkt ausgebaut und bot auf dem Höhepunkt des Bahnverkehrs Arbeit für über 1.200 Personen; in der Blütezeit des Bahnhofs wurden hier täglich 30 Personenzüge und 80 Güterzüge abgefertigt. Vom Aachener Revier wurde Kohle ins Luxemburgische Erzgebiet befördert und aus der "Minette" wurde Eisenerz ins Aachener Revier und ins Ruhrgebiet transportiert. Auch die Einwohnerzahlen belegen den wirtschaftlichen Aufschwung St.Viths: 1852 zählte die Stadt etwa 1100 Einwohner; 1899 (zehn Jahre nach Eröffnung der Vennbahn) wohnten über 1800 Menschen hier und 1917 war diese Zahl schon auf über 2900 gestiegen; in 65 Jahren nahm die Bevölkerung also um 160 % zu !

Das Bahnmeistereigebäude wurde im Jahre 1887 errichtet und war als Beamtenwohnung vorgesehen. Da das Hauptbahnhofs- und Empfangsgebäude nicht rechtzeitig für die Eröffnung der Bahnlinie Weismes - St.Vith am 28. November 1887 fertiggestellt war, wurden notgedrungen die Parterre-Räume dieses Gebäudes für die Stationsbüros und Warteräume hergerichtet. Im August 1888 war dann das eigentliche Empfangsgebäude bezugsfertig. Bis zu drei Eisenbahnerfamilien fanden dann hier Unterkunft. Nach 1922 bewohnte der Bahnmeister das Gebäude und dieser hatte auch sein Büro hier. Daher erhielt das Gebäude im Nachinein den Namen "Bahnmeisterei".

In den 1930er Jahren diente das Gebäude als Wohnung für vier Familien, deren Vater bei der Eisenbahn beschäftigt war. Familie Henkes - der Vater war Fahrdienstleiter - bewohnte mit ihren 11 Kindern das Haus und Familie Theissen, die das Bahnhofsrestaurant betrieb, wohnte ebenfalls hier. Nach 1940 wurde das Haus zum Verwaltungsgebäude umfunktionniert: Büros für den Fahr- und Schaffnerdienst wurden eingerichtet; zudem hatten die einige Bahninspektoren hier ihre Arbeiststelle. Die bisherigen Bewohner mussten zum Rosenhügel in die dortigen Bahnwohnungen umziehen.

Durch die Kriegseinwirkungen und insbesondere durch die Rundstedtoffensive (Dezember 1944) wurde das Bahnhofsgelände sowie die meisten Gebäude vollständig zerstört. Da die "Bahnmeisterei" zwar schwer beschädigt, aber noch repariert werden konnte, wurde sie gleich nach dem Krieg soweit in Stand gesetzt und diente dann als Bahnhofs- und Empfangsgebäude mit einem kleinen Güterschuppen. Alles war im Erdgeschoss eingerichtet. Auf der Etage wohnten anfangs zwei Eisenbahnerfamilien und später auch Privatpersonen.

Im Januar 1946 wurde die Eisenbahnlinie Nr. 48 zwischen Steinebrück und Kalterherberg wieder in Betrieb gesetzt und auch der Bahnhof St.Vith war wieder am Eisenbahnnetz angeschlossen. Zwar verkehrten nur Triebwagen, die sogenannten "Trottinettes", da diese, von Gouvy kommend, nur über die Abzweigung ("bifurcation") Wiesenbach über Lommersweiler nach St.Vith gelangen konnten. Bereits am 1. Juni 1954 wurde der Personenverkehr eingestellt und durch Busse ersetzt. Der Güterverkehr blieb noch bis zum 23. September 1982 erhalten. Danach wurde der Bahnhof St.Vith geschlossen und kurz danach wurde mit dem Abbau der Schiene begonnen.

In weiser Voraussicht erwarb die Stadt St.Vith das Bahnhofsgebäude von der Nationalen Eisenbahngesellschaft und stellte es dem Geschichtsverein "Zwischen Venn und Schneifel" zur Verfügung, der hier seit 1990 das Heimatmuseum betreibt.


G. Sarlette und K.D. Klauser