ZVS - Der Zug kommt

Der Bahnhof von Reuland

(Km 99.962; 352,47 m NN)




Auszug aus dem Parzellenplan

Zur Errichtung der Bahngebäude musste zunächst die Our auf einer Länge von ca. 250 m in Richtung Steffeshausen verlegt werden. Um das Gelände aufzuschütten, benutzte man das Material aus dem nahen Steinbruch, der ursprünglich noch als Bergkegel in der Landschaft lag.  Der ursprüngliche Arm des Flusses lässt sich heute noch an den beiden Gräben vor und neben dem Empfangsgebäude ausmachen. Mit dem Bau des Empfangsgebäudes und der Beamtenwohnung (für den Bahnmeister (piqueur) sowie für den Post- und Telegrafendienst) wurde auch der heutige Weg angelegt. In der direkten Nachbarschaft zum Bahnhof entstanden zwei Schankwirtschaften sowie zwei Geschäftsniederlassungen (Lebensmittel und Baustoffhandlung).



Arbeiter beim Bau der Strecke

Im Reisezugverkehr fuhren von 1890 an täglich nur vier Zugpaare, die zudem auch noch schlecht auf die Anschlusszüge abgestimmt waren. Der Güterverkehr war indes von Anfang an sehr rege. Seit der Inbetriebnahme der Strecke Lommersweiler - Ulflingen (1889) war die einstige Nebenbahn Aachen - St.Vith - Prüm zur internationalen Bahnverbindung geworden, die das Aachener Kohlerevier mit dem luxemburgisch-lothringischen Erzbecken verband. Da Luxemburg zum deutschen Zollverein gehörte und Lothringen 1871 vom Deutschen Reich annektiert worden war, konnten die Bahntransporte zwischen Aachen und Luxemburg kostengünstig abgewickelt werden. Der Transport von einer Tonne Rohstahl betrug auf dem Schienenweg für die Strecke Luxemburg - Aachen-Rothe Erde 5,20 Mark. Verlud man den Rohstahl in Koblenz auf Rheinschiffe, waren 6,20 Mark zu zahlen.


Ab Oktober 1905 wurde die Geschwindigkeit auf der Strecke St.Vith - Ulflingen von 27 km/h auf 40 km/h heraufgesetzt. In den Jahren 1910 - 1913 erreichten die Güterverkehre ihren Höhepunkt auf dieser Strecke: Täglich rollten rund 100 Züge, davon 16 Personenzüge auf der eingleisigen Strecke. Im Bahnhof Lommersweiler wurden diese Konvois mit einer Schublok versehen, um die Steigung bis Lengeler zu schaffen. Auch wurden Güterwaggons an die Personenzüge gekoppelt, um alle Verkehre bewältigen zu können.

Der Bahnhof Reuland zu Beginn des Betriebes (um 1890)

Ein zweites Gleis, wie auf der Vennbahn, wurde hier nicht angelegt. Erst 1914 wurden Überholgleise in den Bahnhöfen Reuland und Lengeler angelegt, doch verhinderten strategische Gründe der preußischen Militärs und auch die zu erwartenden hohen Kosten den effizienten Ausbau der Strecke. Der dichte Verkehr führte zwangsläufig zu Unfällen, die oft genug tödlich verliefen, wie z.B. am 16.Dezember 1913 im Bahnhof Reuland, als der Lokführer und der Heizer ums Leben kamen. Nachdem die Kohle- und Erztransporte ab den 1930er Jahren nachließen und schließlich ausblieben, entwickelte sich ein rein lokaler Bahnbetrieb: Holz und Kartoffel wurden hier verladen, während Kohle, Briketts und Düngemittel angeliefert wurden. Ein aus Solingen (D) zugezogener Geschäftsmann brachte seinen Betrieb dank der Eisenbahn durch seine Einkaufsmethoden (en gros) zur Blüte.

 

Unfall im Bahnhof Reuland (1913)

Nach den kriegsbedingten Zerstörungen im Herbst und Winter 1944 konnte die Strecke von Reuland bis Lommersweiler nicht mehr durchgehend befahren werden; Reuland wurde Endbahnhof. Bis 1962 erfolgten die Güterlieferungen zweimal wöchentlich von Ulflingen und Gouvy aus, dann wurden die belgischen Bahnhöfe der Strecke geschlossen. Die Gleise wurden 1964 abgebaut. Der Bahnhof war mit zwei Hauptgleisen und zwei Nebengleisen versehen, von dem eins mit Rampe ausgestattet war.

Das Hauptgebäude, heute in Privathand, hat seinen ursprünglichen Charakter (inklusive gotischem Schriftzug) bis behalten. Rechts vom Eingang befand sich der Wartesaal, links war die Gepäckabfertigung in einem kleinen Anbau untergebracht und geradeaus ging es zum Bahnschalter.