60. Jahrestag der Befreiung

Wiederaufbau

Am 21. Juli 1945 haben die St.Vither Einwohner zum ersten Mal nach der Befreiung den Nationalfeiertag Belgiens begehen können. Dies mit dem Willen, ihre verwüstete Stadt wieder schöner und besser auferstehen zu lassen als zuvor.

99 Prozent der Häuser waren zerstört. Selbst die St.Vither, die langsam aus der Evakuierung zurückkehrten, fanden sich in dem Trümmerfeld kaum zurecht. Manchmal war es ein Stück altes Pflaster oder eine bunte Bodenfliese, die ihnen Gewißheit gab, daß ihr Haus an diesem Ort gestanden haben mußte.

Den Menschen blieb nichts. Das Notwendigste zum überleben fanden sie zum Teil in den zurückgelassenen Beständen der US-Army. Die ersten couragierten Zivilisten fanden in den Wäldern in den Unterständen oder Einmannlöschern Verpflegungskonserven mit dem Aufdruck "Field Ration C", Uniformteile oder Essenrationen. Manchmal tauchte auch wieder eine Zimmertür oder Bettmatratze auf, die die Soldaten für den Ausbau ihres Unterstandes mitgenommen hatten.

Auch Schuhe war heiß begehrt: Denn während des Krieges waren Schuhe Mangelware gewesen und nur gegen einen von der Behörde ausgestellten Bezugschein erhältlich. Das amerikanische Schuhwerk hingegen war von guter Qualität und hatte eine laufruhige Gummisohle. Mancher Eifeler hatte vor dem Krieg solch ungenagelte Schuhe nur sonntags getragen.

Da die Straßen und Wege in einem desolaten Zustand waren, waren auch Gummiüberschuhe, die sogenannten Snow-Boots, recht willkommen. Damit konnte man das alte Schuhwerk auftragen, ohne nasse Füße zu bekommen.
Amerikanische Unterwäsche war ebenfalls begehrt, auch wenn sie kaki gefärbt war. Nun trugen die Einheimischen auch eingesammelte Militärhosen, Hemden und um es nicht zu vergessen die wollenen Strickmützen, die die Amerikaner noch vielfach unter dem Helm trugen.

Dieses Sammeln von Kleidungsstücken und Nahrungsmitteln war recht gefährlich. Denn das Umfeld dieser Depots war häufig mit Minen verseucht. Doch zum Glück hatten die Amerikaner die Sprengsätze im Dezember, als hoher Schnee lag, häufig nur im Schnee vergragen.

Auch manches am Wegrand zurückgelassene Fahrzeug der Deutschen, das wegen Spritmangel stehengeblieben war, konnte für Neugierige zur Todesfalle werden. Oft waren diese Vehikel vermient und rissen diejenigen, die sich an sie heranwagten, in den Tod.



Viele Monate blieben große Mengen Munition frei in der Region liegen. Die belgische Entminierungskommandos hatten alle Hände voll zu tun: Sie setzten jeden Tag ihr Leben für die Bevölkerung aufs Spiel. Manchem Feuerwerker wurde dies zum Verhängnis. Denn der ständige Umgang mit diesen schrecklichen Waffen verleitete manches Mal zu leichfertiger Unvorsichtigkeit.

Natürlich genügten die Fundsachen nicht, sich auch nur notdürftig wieder einzurichten. Aber sie linderten die erste Not. Besonders große Nachfrage bestand nach Stofffärbern. Denn viele amerikanische Decken wurden nur kaffeebraun eingefärbt, um daraus Mäntel von der Hausnäherin anfertigen zu lassen. Selbst heute finden sich noch kaki Bügeldecken in manchen Haushalten. Auch die tellerartige obere Platten der amerikanischen Tretminen dient oft noch als Topfuntersatz oder um das heiße Bügeleisen abzustellen.

Im Bewußtsein des eklatanten Mangels an allem Lebesnotwendigen hatte auch der belgische Staat eine sofort einsetzende Hilfsaktion ins Leben gerufen, die die Bezeichnung "Fonds National" trug. Noch heute steht in einen oder anderen Haus ein kleiner Herd oder ein Schrank vom "Fong", wie diese Organisation bei der Bewölkerung allgemein genannt wurde.
In St.Vith war die Abholstelle des Fonds National in einigen notdürftig eingerichtet Räumen des Klosters untergebracht. Hier wurden den Menschen hauptsächlich mit Möbelstück und Bekleidungsgegeständen ausgeholfen.

St.Vith, 1945:

Die zurückgekehrten Menschen erhalten Brotrationen, um den Hunger zu stillen.

St.Vith, 1946:

Während noch ein Großteil der Stadt in Schutt und Asche lag, öffneten die ersten Geschäfte. Ein erstes Zeichen von Normalisierung.

St.Vith, 1947:

Beim Wiederaufbau wurde erstmal in unserer Region schweres Arbeitsgerät eingesetz
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Quelle: Bilder: ZVS / Texte: "Mut zur eigenen Geschichte"